Richtig Dehnen im Triathlon – Alles, was Du wissen musst!

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Das Thema Dehnen ist seit Jahrzehnten nicht nur im Triathlon umstritten.

Während es früher das Non plus ultra im Training darstellte, wird die Notwendigkeit zu dehnen heute immer mehr angezweifelt.

Es herrschen so viele Mythen und Halbwissen und immer wieder werden lang geglaubte Meinungen revidiert oder neue Studien hervorgezaubert.

Dabei ist es doch essentiell zu wissen, ob Du als Triathlet oder Ausdauersportler nun vor oder nach einer Einheit dehnen oder ob Du es eventuell lieber gleich bleiben lassen solltest.

Gibt es klare Empfehlungen für Schwimmer, Läufer, Radsportler und Triathleten und wenn ja: wie sehen diese konkret aus?

Dehnen – was ist das eigentlich?

Heutzutage existieren so viele verschiedene Konzepte parallel, sodass es manchmal schwierig ist, die Begriffe zu verstehen und auseinanderzuhalten.

Dehnübungen sind nicht zu verwechseln mit einem Warmup, auch wenn manche Sportler es in ihre Aufwärmroutine integrieren.

Dehnen ist auch nicht gleichbedeutend mit Mobility-Training, obwohl es u.a. natürlich zu einer erhöhten Beweglichkeit und Flexibilität beitragen kann.

Beim Dehnen – oft auch „Stretching“ genannt – werden ein oder mehrere Muskeln angespannt und „gestreckt“.

Die Länge des Muskels verändert sich dabei nicht wirklich, da er ja an beiden Enden über Sehnen mit den Gelenken verbunden ist.

Streng genommen wird beim Dehnen im Triathlon also nicht der Muskel verlängert.

Vereinfacht gesagt werden nur die kleinsten Teile innerhalb einer Muskelfaser, die ineinandergreifen bzw. überlappen, auseinandergezogen.

In gewisser Weise passiert dieses Dehnung in minimaler Form übrigens auch beim ganz normalen Krafttraining oder bei alltäglichen Bewegungen.

Denn ein Muskel wird immer dann gestreckt oder gedehnt, wenn sein Gegenspieler (Antagonist) angespannt ist.

Ein typisches Beispiel für diesen Vorgang ist das Zusammenspiel aus Bizeps und Trizeps.

Sapnnst Du den vorderen Oberarmmuskel (Bizeps) an, indem Du den Arm beugst, wird der untere Oberarmmuskel gedehnt (Trizeps).

Das funktioniert natürlich auch umgekehrt.

Gängige Dehnmethoden

Im Allgemeinen unterscheidet man vier Varianten des Dehnens.

Dabei stehen sich immer zwei Methoden gegenüber: erstens die statische die dynamische und zweitens die aktive und passive Dehnung.

Man kann die Methoden auch miteinander kombinieren, wie in der folgenden Grafik dargestellt.

Es gibt auch noch weitere Methoden, aber in der Praxis von Triathleten spielen vor allem diese vier eine Rolle.

Arten des Dehnens

Beim statischen Dehnen wird eine Position über einen längeren Zeitraum gehalten.

Die Aussagen in der Literatur variieren hier zwischen 20 und 90 Sekunden.

Das dynamische Dehnen dagegen erfolgt während der Bewegung, ohne in einer Position zu verharren.

Es wird also nicht lange Zug oder Druck auf den Muskel ausgeübt.

Stattdessen wird mit Wiederholungen von federnden oder wippenden Bewegungen gearbeitet.

Aktives Dehnen bedeutet, dass der Gegenspieler des Muskels, der gedehnt werden soll, angespannt wird.

Wenn es zum Beispiel um die hintere Oberschenkelmuskulatur geht, wird die vordere Oberschenkelmuskulatur  kontrahiert (oder umgekehrt).

Passives Dehnen dagegen funktioniert nur mit Hilfsmitteln oder einem Trainingspartner, die einen Widerstand erzeugen.

Die bekannteste Form ist sicherlich die, bei der ein Bein auf einem Geländer abgelegt und langgestreckt wird.

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Effekte von Dehnübungen

Allgemein verbreitete Annahmen

Dehnübungen gehören für die meisten Sportler zur Trainingsroutine.

Ob nach dem Lauf oder vor dem Schwimmen: man sieht immer wieder Triathleten, die sich ausgiebig strecken und an ihren Muskeln ziehen.

Diejenigen Triathleten, die sich eher selten dehnen, fühlen sich oft eingerostet und haben meistens ein schlechtes Gewissen.

Doch warum?

Wozu ist das Dehnen überhaupt gut?

Ziel des Dehnens ist vor allem, die Beweglichkeit zu erhöhen.

Meist lautet das Argument, man müsse „verkürzte“ Muskeln wieder strecken.

Entgegen der allgemeinen Meinung können Muskeln aber nicht in dem Sinne „verkürzen“.

Sie können nur, wenn sie selten benutzt werden, verlernen, zu kontrahieren oder zu entspannen.

Ständig verspannte Muskeln sorgen nicht selten für Schmerzen oder Verletzungen.

Viele Sportler dehnen auch zu anderen Zwecken, beispielsweise zur Förderung der Regeneration.

Denn lange Zeit hieß es, Dehnen nach einem Lauf oder Workout könne die Durchblutung fördern und vor Muskelkater schützen.

Allgemein wird Dehnübungen ein entspannender Effekt nachgesagt.

Doch ist das alles bewiesen?

Oder fühlen wir uns nach dem Dehnen nur besser, weil wir es erwarten?

Und ist das alles letztlich Zeitverschwendung?

Wissenschaftlich nachgewiesene Effekte des Dehnens

Da das Dehnen seit Jahren für Kontroversen unter Forschern, Trainern und Athleten sorgt, gibt es natürlich einige Studien zum Thema.

Insgesamt ist anzumerken, dass viele sportwissenschaftliche Untersuchungen nur mit einer relativ geringen Anzahl an Probanden durchgeführt werden.

Daher sind die Ergebnisse nicht allgemein gültig.

Sie können aber immerhin Tendenzen aufzeigen und möglicherweise falsche Meinungen wiederlegen.

Hier nur einige interessante Studien-Resultate, die für Triathleten bedeutsam sind:

1. Regelmäßiges Dehnen über einen längeren Zeitraum erhöht die Flexibilität

In einer Studie aus dem Jahr 2001 musste die Hälfte von 32  Läufern je 3 Mal pro Woche 40 Minuten lang dehnen.

Die Dehngruppe wies nach 10 Wochen eine signifikant höhere Beweglichkeit auf.

Bei der Vergleichsgruppe tat sich dagegen nichts.

Die komplette Studie kannst Du hier nachlesen.

2. Dehnen vor und nach dem Training lindert oder verhindert Muskelkater nicht

In 5 verschiedenen Untersuchungen aus dem Jahr 2002 konnte keine signifikante Minderung von Muskelkater nachgewiesen werden.

24 Stunden nach dem Dehnen lag der gefühlte Verberrungs-Effekt bei unter 1%.

Allerdings erwähnt der Studienleiter explizit, dass weitere Untersuchungen zu den Effekten des Dehnens notwendig seien.

Mehr zu dieser Analyse gibt es hier.

3. Dehnübungen vor dem Krafttraining bremsen das Muskelwachstum

In einem 10-wöchigen Trainingsprogramm absolvierten Probanden Übungen an der Beinstrecker-Maschine.

Während ein Teil der Probanden vor dem Training jeweils 2×25 Sekunden statisch dehnte, startete die Kontrollgruppe gleich mit den Krafttraining.

Beobachtet wurden die Anzahl der möglichen Wiederholungen, der Umfang der trainierten Beinmuskulatur und die Flexibilität.

Obwohl beide Gruppen Fortschritte machten, waren die Effekte bei der Nicht-Dehn-Gruppe deutlich größer.

Letztere absolvierte mehr Wiederholungen derselben Ãœbung als die Dehn-Gruppe.

Auch der Muskelumfang des Vastus Lateralis nahm um 12,7% zu – im Vergleich zu nur 7,4% bei der Dehn-Gruppe.

Allerdings stieg erwartungsgemäß die Flexibilität der Dehn-Gruppe deutlich an.

Diese relativ aktuelle Studie aus dem Jahr 2017 findest Du an dieser Stelle.

4. Statisches Dehnen als Warmup beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Muskeln

In einer Meta-Analyse von 104 Studien aus den Jahren 1966-2010 wurde der Einfluss statischer Dehnübungen auf  die Maximal-, Schnell und Explosivkraft der Muskeln untersucht.

Unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Fitnesszustand der Trainierenden wurden durchweg negativer Effekte festgestellt.

Je länger die Dehnung andauerte, umso schädlicher war der Effekt auf die genannten Parameter.

Mehr zu dieser Analyse erfährst Du hier.

5. Statisches Dehnen beeinflusst die Leistung bei Sprints negativ

16 trainierte Athleten absolvierten innerhalb von 4 Wochen regelmäßig 20 m-Sprints.

Sie wurden in 4 Gruppen eingeteilt, von denen 3 vor dem Sprint unterschiedliche statische Dehnübungen durchführten.

Nach Ablauf des Test zeigte sich, dass die Sprintzeiten der Dehn-Gruppen durchschnittlich um 0,04 Sekunden gestiegen waren.

Das Dehnen hatte zwar keine allzu große, aber dennoch eine Verschlechterung der Leistung zur Folge.

Weitere Informationen zu dieser Studie gibt es hier.

6. Dynamisches Dehnen erhöht die Leistungsfähigkeit bei Sprints

Im konkreten Fall wurde eine Gruppe von 97 Rugby-Spielern in 4 Gruppen eingeteilt, die jeweils entweder passiv-statisch, aktiv-statisch, pasisv-statisch oder aktiv-dynamisch dehnen sollten.

Nach einem 10-minüten Warmup folgte ein 20-Meter-Sprint.

Danach führten die Probanden ihre jeweils zugeteilten Dehnübungen durch und sprinteten nochmals.

Es zeigte sich, dass beide Gruppen mit statischen Dehnübungen ihre Sprintzeit verschlechterten.

Die Gruppen, die dynamische Dehnübungen durchgeführt hatten, blieben auf dem vorherigen Leistungsniveau oder verbesserten sogar ihre Sprintzeit.

Man vermutet, dass das dynamische Dehnen auch im Triathlon dem Bewegungsablauf der Sprints stärker ähnelt und deshalb möglicherweise die Koordination positiv beeinflusst.

Den Abstract auf Englisch gibt es hier.

Zusammenfassung

Viele der vermuteten positiven Effekte wie  lassen sich von der Forschung nicht bestätigen.

Es zeigt sich aber, dass Dehnen im Triathlon für die Beweglichkeit durchaus förderlich sein kann.

Vor hochintensiven Einheiten führt es jedoch auch oft zu Leistungseinbußen.

Wichtig ist hier allerdings die Unterscheidung zwischen der statischen und der dynamischen Variante.

Dynamische Dehnübungen scheinen weniger negative Aspekte mit sich zu bringen als statische.

Praktische Tipps: Richtig Dehnen im Triathlontraining

Wenn Du Dehnübungen in Deine Trainingsroutine einbauen möchtest, solltet Du auf folgende Dinge achten:

  1. Dehne immer im aufgewärmten Zustand, niemals mit „kalten Muskeln“. Ein Warmup von 10 Minuten sollte immer drin sein!
  2. Statisches Dehnen ist prinzipiell nicht verkehrt, um die Beweglichkeit zu erhöhen. Absolviere es aber möglichst in einer separaten Trainingseinheit, um Dein Ausdauer- oder Krafttraining nicht zu beeinträchtigen.
  3. Wenn Du Deine Schnellkraft mit Sprints bzw. Intervalltraining trainieren möchtest, solltest Du statische Dehnübungen davor lieber vermeiden.
  4. Dynamische Dehnübungen scheinen dagegen okay zu sein.
  5. Vor und nach hartem Krafttraining solltest Du komplett auf Dehnübungen verzichten, auch um keine Verletzungen zu riskieren.
  6. Du kannst Dehnübungen auch als zusätzliche Einheit losgelöst von den sonstigen Disziplinen absolvieren.
  7. Achte aber immer darauf, dass Du nicht übermäßig stark dehnst. Der Zug und Druck sollten noch erträglich sein, nicht wehtun.

Falls Du nun konkrete Anleitungen und Dehnübungen suchst, haben wir zwei weitere Artikel-Empfehlungen für Dich:

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Hinweis: All unsere Empfehlungen wurden sorgfältig ausgewählt, erarbeitet und geprüft. Sie richten sich an gesunde Erwachsene, die keine (Vor)Erkrankungen aufweisen. Keiner unserer Artikel kann oder soll Ersatz für kompetenten medizinischen Rat bieten. Bevor Du mit dem Training beginnst, konsultiere bitte einen Arzt und lass Dich durchchecken.


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Ãœber Lotta

Lotta ist Trainerin, Content Creator, Buchautorin und Podcasterin bei Mission Triathlon. Sie setzt sich besonders dafür ein, mehr Frauen für den Sport zu begeistern. In der Freizeit trifft man sie am häufigsten auf dem Rennrad an, allerdings machen ihr alle Triathlon-Disziplinen Spaß - auch das Krafttraining!